EQUAL-Workshop: Methoden zur soziokulturell sensiblen Bewegungsförderung
Der EQUAL-Workshop zum Thema "Soziokulturell sensible Bewegungsförderung" am 20.07.2015 war ein voller Erfolg. Im Vordergrund stand die Frage, wie Sprache, Werte und Lebenskontext von Adressatengruppen in Interventionen Berücksichtigung finden. Hierzu stellte Tilman Brand zunächst diverse Ansätze zur soziokulturell sensiblen Adaption vor (Top-Down, Bottom-up sowie Mischformen). Daneben wurden Strategien soziokulturell sensibler Prävention sowie deren Telos präsentiert. Es wurde herausgestellt, dass u.a. die Zusammensetzung des Entwicklungs- und Durchführungsteams, die Zugangswege, das Setting und die Darreichungsform sowie die zu untersuchenden Formen der körperlichen Aktivität besonders relevant für eine Interventionsgestaltung auf Basis soziokultureller Sensibilität sind.
Im Anschluss folgten drei Praxisbeispiele. Den Anfang machte Rainer Possitt vom Gesundheitstreffpunkt West. Um den Bedarf an Bewegungsangeboten für ältere Menschen mit Migrationshintergrund in Gröpelingen unzureichend war, initiierte der Gesundheitstreffpunkt West geschlechtergetrennte und von türkischstämmigen Personen geleitete Kurse. Die Finanzierung erfolgt aus WiN-Mitteln sowie Teilnahmegebühren. Aufgrund der Gruppencharakteristik, der Geschlechtertrennung, der Trainerauswahl sowie durch die Mund-zu-Mund-Propaganda hat sich das Angebot sehr erfolgreich etabliert. Als nächstes präsentierte Jutta Flerlage die verschiedenen Angebote von Frauengesundheit in Tenever. Neben psychosozialen Angeboten bietet die Einrichtung "Bewegung für zugewanderte Frauen in Tenever", "Fit durch Bewegung - für ältere und mollige Frauen" sowie "Frauenschwimmen in Tenever". Gerade Letzteres wird aufgrund der Anpassung an die Wünsche muslimischer Frauen stark nachgefragt. Der Zugang zu den Bewegungsangeboten erfolgt über andere Angebote der Einrichtung sowie durch Mund zu Mund Propaganda. Dabei spielen weitere, individuelle Motivationen (z. B. Schmerzen, Immobilität, geringes Körpergefühl) eine Rolle. Relevant sind insbesondere die Stärkung des sozialen Miteinanders, die Aufklärung über das Angebot sowie die Einfachheit der Übungen, der Abbau von Leistungsdruck, die Erschwinglichkeit, die räumliche Distanz sowie Partizipation der Teilnehmerinnen. Das Thema Bewegungsförderung und Männergesundheit wurde von Dr. Peter Kölln, Arbeitsmediziner und BGM-Berater, vorgestellt. Er betont, dass gerade Männer Bewegungsangeboten mit Skepsis begegnen und daher einer direkten Ansprache bedürfen. Dabei sollte weniger der Begriff "Gesundheit" als vielmehr der Begriff "Fitness" in den Fokus gerückt werden. Motiviert werden Männer insbesondere durch positive Beispiele wie Kollegen, die abgenommen haben sowie durch den zu Ansporn zu Leistung. Humor ist ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation mit Männern.
Die auf die drei Praxisbeispiele folgende Diskussion stellte heraus, dass Kontakte über einen längeren Zeitraum und Vertrauensaufbau wichtige Elemente sind, um die Adressatengruppen zu erreichen. In den AEQUIPA-Interventionen ist dies nicht immer möglich. Deshalb ist es umso wichtiger, die Adressatengruppen über bereits vertrauter Personen anzusprechen. Gruppenangebote werden grundsätzlich als Positivum angesehen, allerdings muss noch erarbeitet werden, inwiefern Spaß integriert werden kann. Fazit des Workshops: Bei der soziokulturell sensiblen Gestaltung von Interventionen zur Bewegungsförderung müssen soziale Netzwerke, strukturelle Lebensbedingungen und Biographien Einzelner berücksichtigt werden. Relevante Gruppen in den Untersuchungskontexten sind zu identifizieren. Durch direkte und persönliche Ansprache müssen Motivationen geschafft und erkannt sowie Vertrauen aufgebaut werden. Angebote müssen in der vertrauten Umgebung stattfinden.